FOOD KOLUMNE NR. 65 | Präzision = Schönheit?

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Die „Ohhhh“, „Ahhhhh“ und „Wow, das sieht ja himmlisch aus“ sind in Spitzenlokalen keine selten gehörte Ausrufe. Denn die Teller sehen immer grossartig aus. Natürlich sind in solchen Lokalen die Besten ihres Berufes beschäftigt, haben den Beruf erlernt und haben durch ihre tägliche Übung eine Routine die wir Normalos nicht erreichen können. Doch, neben dem Auge für Schönheit und der Erfahrung spielt ein in den privaten Küchen meist vernachlässigter Punkt die grösste Rolle: Die Präzision.

Präzision beim Einkauf, Präzision beim austesten neuer Gerichte, Präzision beim Schneiden in gleichmässig grosse Stücke der Nahrungsmittel, Präzision beim Garen, Präzision beim Würzen und Präzision beim Anrichten. Die Summe all dieser exakt ausgeführten Tätigkeiten führt dann schlussendlich zu diesen Ahhhhh-Erlebnissen.

Natürlich haben wir in unseren privaten Küchen fast keine Chance mit den Profis mitzuhalten. Schon gar nicht die Mütter die neben dem führen des Haushalts und betreuen der Kinder noch kochen sollen. Dann schon eher die HobbyköcheInnen die sich am Wochenende viel Zeit nehmen um Gerichte in hoher Amateur-Qualität zu erstellen. Doch auch ihnen fehlt die Übung im Vergleich zum Gastrobetrieb. Und die Geräte, und und und…

Trotzdem könnten viele Amateure ihr tägliches Essen verbessern. Beginnend beim Einkaufen mit der Suche nach qualitativ besseren Produkten. Oder mit dem Auswählen von gleichmässig grossen Produkten. Nicht abgepacktes kaufen, sondern wo immer möglich nach offen angebotenem Ausschau halten. Karotten oder Kartoffeln in abgepackten Säcken sind meist bunt gemischt in verschiedensten Grössen. Das macht ein akkurates schneiden in gleichmässige Stücke fast unmöglich. Doch gerade diese Disziplin ist die schwächste der meisten privaten Köche. Sie sind sich der Wichtigkeit perfekt gleicher Stücke zu wenig bewusst.

Die Profis bestellen und erhalten von ihren Lieferanten besseres Grundmaterial. Im weiteren lernen sie schon während der Ausbildung unzählige Schnittarten um die verschiedenen Gemüse und Knollen richtig zu schneiden. Siehe Abbildungen.

Aus dem Buch „Lehrbuch der Köche – Eugen Pauli“  (Zum vergrössern anklicken)
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Die Schnittformen haben den zusätzlichen Zweck für die verschiedenen Zubereitungsarten die richtige Grösse und Form zu haben. So sind z.B. Julienne für eine kurze Kochzeit in Suppen gedacht. Tourniertes Gemüse dagegen wird meist gedämpft. Die kleinen Brunoise müssen kaum gekocht werden, können im letzten Moment einer Speise zugefügt werden, usw.

Was in Privathaushalten ungleichmässig geschnipselt wird verunmöglicht ein gleichmässiges garen. Bis die grösseren Stücke lind sind, sind die kleineren verkocht was das Gekochte „matschig“ aussehen lässt. Womit die Präzision uns weiter zum Aussehen der Gerichte auf den Tellern führt. Denn teilweise verkochtes kann nie schön  und appetitlichangerichtet werden.

Lange Rede kurzer Sinn: Suboptimaler Einkauf erschwert oder verunmöglicht ein exaktes Mise en place, verunmöglicht ein exaktes garen und verhindert damit ein gutes Aussehen der Speisen. Die Kurzformel für die Küche wäre also: Präzision = Schönheit.

4 Kommentare

  1. danke für die ausführliche darstellung! das war mir noch nie so bewusst. ich werde mir ab sofort beim schnippeln über die schulter schauen 🙂
    liebe grüße, ina

  2. Wie schön ist das denn, da werde ich nochmal in meine Kindheit zurück versetzt!….jipieee Es fallen mir die Worte meiner Mutter von früher ein, wenn sie uns Kinder zum Gemüse klein schneiden holte und immer, wirklich immer, der Nachsatz kam:“Und ich möchte, dass Du alles in gleich große Stücke schneidest! Dann sieht es hübscher aus!“ …..ja Mama, in gleich große Stücke….* kicher & jipieee Danke dafür und einen schönen Sonntag, LG amüsiert Gaby

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